Fahrplanauskunft für Sehbehinderte

Der 2. S-Bahn-Tunnel ist ohne Alternative

In wenigen Tagen, am 23.03.2010, soll zu diesem Thema eine politische Grundsatzentscheidung der Bayerischen Staatsregierung fallen; einen Tag darauf, am 24.03.2010, befasst sich der Stadtrat der Landeshauptstadt München damit. Schon seit Wochen wird die Diskussion teilweise hitzig geführt, ob Südring, Nordtunnel oder 2. S-Bahn-Tunnel die richtige und zukunftsweisende Lösung für die Verkehrsprobleme im Raum München ist. Den endgültigen Beschluss zu dem für München und die Region so wichtigen Großprojekt wird voraussichtlich im April der Bayerische Landtag treffen. Für eine rationale Entscheidung sind die ursprünglichen Gründe für eine zweite Innenstadtquerung der S-Bahn in München nochmals in Erinnerung zu rufen:

 

- Die Kapazität der vorhandenen Stammstrecke ist mit 30 Fahrten je Stunde und Richtung ausgeschöpft.

 

- Durch die dichte Zugfolge von zwei Minuten auf der vorhandenen Stammstrecke übertragen sich Verspätungen einer Linie leicht ins gesamte S-Bahnnetz.

 

- Bei Störungen auf der Stammstrecke ist die Erreichbarkeit der Münchner Innenstadt aus dem gesamten Umland beeinträchtigt.

Konsens in der Diskussion ist, dass das S-Bahnsystem als Rückgrat des öffentlichen Personennahverkehrs in der Region München zwingend ausgebaut werden muss. Denn angesichts des prognostizierten Einwohner- und Arbeitsplatzzuwachses insbesondere im Münchner Umland ist eine langfristige, umweltfreundliche und nachhaltige Mobilität sicherzustellen. Eine nachhaltige Lösung für die sich hieraus ergebenden Verkehrsprobleme bietet aus der verkehrsplanerischen Sicht des MVV nur der Bau des 2. S-Bahn-Tunnels.

  • Der 2. S-Bahn-Tunnel schafft bei der Infrastruktur die Voraussetzungen im Kernnetz der S-Bahn für ein wesentlich besseres Verkehrsangebot. Im Startkonzept, das den Untersuchungen zu Grunde gelegt ist, können mit dem 15-Minuten-Takt deutlich mehr Züge als heute aus der Region nach München verkehren. Mit den schnellen und direkten Express-S-Bahnen können die Fahrzeiten aus der Region bis ins Stadtzentrum deutlich reduziert werden. Soll dieses Startkonzept bis 2018 realisiert werden, eröffnet der 2. Tunnel in der weiteren Zukunft noch ausreichend Kapazität für neue Verkehrsangebote, mit denen das Umland noch attraktiver mit München verbunden werden kann. Durch eine räumliche Ausweitung des Express-Konzeptes über den heutigen S-Bahn-Bereich hinaus können so genannte überregionale Flughafenexpresse (ÜFEX) direkt in di e Münchner Innenstadt und dann weiter zum Flughafen geführt werden. So können Fahrgäste aus der Region außerhalb des MVV erstmals ohne Umsteigen am Hauptbahnhof bis ins Münchner Zentrum fahren und haben zu allen U-Bahn-Linien direkte Umsteigemöglichkeiten.
  • Zwei parallele Stammstrecken ermöglichen eine höhere Betriebsqualität bei der S-Bahn. Durch größere Abstände in der Zugfolge kann die Übertragung von Verspätungen und damit die Störanfälligkeit der S-Bahn deutlich reduziert werden. Auch bei Gleissperrungen bleibt die Münchner Innenstadt durch die Bypass-Funktion des 2. Tunnels aus der Region weiterhin erreichbar.
  • Mit dem 2. S-Bahn-Tunnel werden, vor allem im Stadt-Umland-Verkehr, mehr Fahrten auf den Öffentlichen Verkehr verlagert. Dies zeigt das vergleichende Gutachten deutlich. Das Straßennetzes und die Gemeinden in der Region werden vom motorisierten Verkehr stärker entlastet. So trägt der Tunnel auch zu einem umweltfreundlicheren Verkehr, z.B. durch Reduktion des CO2-Ausstosses, bei.
  • Nur für den 2. S-Bahn-Tunnel ist der volkswirtschaftliche Nutzen bewiesen. Weder der Ausbau des Südringes noch der Nordtunnel erreichen einen Nutzen-Kosten-Indikator über „eins“. Nur der zweite S-Bahn-Tunnel erfüllt die Voraussetzungen, um durch den Bund bezuschusst und finanziert zu werden.
  • Der 2. S-Bahn-Tunnel hat eine Planungstiefe erreicht, die in kurzer Zeit ein Baurecht ermöglicht. Jetzt muss die rasche Entscheidung zur Realisierung getroffen werden, damit der Tunnel 2018 fertig wird, wenn die Olympischen Winterspiele in München stattfinden sollen. So könnte die Region München, wie bereits 1972 mit dem Bau der ersten Stammstrecke, nachhaltig von dem Infrastrukturausbau zu Olympischen Spielen profitieren. Weder der Südring und erst recht nicht der Nordtunnel könnten bis zu den Olympischen Winterspielen realisiert werden.

Der Ausbau des Südringes ist keine Alternative zum 2. S-Bahn-Tunnel:

  • Der Südring weist mit Poccistraße, Kolumbusplatz und Heimeranplatz nur dezentrale Stationen auf. Sehr viele Fahrgäste würden auf die U-Bahn umsteigen müssen, weil die Aufkommensschwerpunkte wie Hauptbahnhof (heute über 150.000 Ein-, Aus- und Umsteiger) und Marienplatz (heute über 165.000 Ein-, Aus- und Umsteiger) nicht direkt erreichbar wären.
  • Der verkehrliche Nutzen des Südringes ist deutlich geringer als beim 2. S-Bahn-Tunnel. Die prognostizierte Nachfrage auf dem Südring liegt klar unterhalb der Nachfrage im 2. S-Bahn-Tunnel. Auch die gewünschte Entlastung der vorhandenen Stammstrecke fiele beim Südring bei weitem geringer aus. Mit dem Bau des 2. S-Bahn-Tunnels könnten die meisten Fahrgäste für das S-Bahn-System gewonnen und eine höhere Verlagerung vom Pkw auf den ÖPNV erreicht werden.
  • Wegen des schlechten Nutzen-Kosten-Verhältnisses darf der Südringausbau nicht finanziell gefördert werden
  • Für den Südring gibt es keine vertieften Planungen. Eine Realisierung wäre somit nicht vor 2023 möglich.
  • Die Idee, nur einen Teil des Südrings auszubauen, verfehlt die Verkehrsbedürfnisse gänzlich. Selbst wenn so durch Kosteneinsparungen ein positiver Nutzen-Kosten-Wert erzielt werden könnte, entstünde dadurch weder die notwendige Kapazität, um die Leistungsfähigkeit der S-Bahn als Rückgrat des ÖPNV in der Region München zu gewährleisten, noch könnte das S-Bahn-System auf dieser Basis zukunftsfähig weiterentwickelt werden.

Für die Verbesserung der Flughafenanbindung ist aus verkehrsplanerischer Sicht des MVV die Kombination aus 2. S-Bahn-Tunnel und Ausbau der S8 die beste Variante. Durch dieses Ausbaupaket kann sowohl eine nachhaltige Verbesserung des S-Bahn-Systems als auch eine deutliche Verbesserung der regionalen und überregionalen Flughafenanbindung erreicht werden. Mit den „ÜFEX-Zügen“ könnten die Fahrgäste aus der Region via 2. S-Bahn-Tunnel sowohl die Münchner Innenstadt als auch den Flughafen direkt und umsteigefrei erreichen.

Der Nordtunnel würde in erster Linie die überregionale Flughafenanbindung verbessern. Für die Verbesserung des Münchner S-Bahn-Systems wäre der Nordtunnel weniger geeignet, da

  • die westlichen S-Bahn-Linien vom Hauptbahnhof ganz oder teilweise durch den Nordtunnel zur Münchner Freiheit und weiter in die Parkstadt Schwabing geführt würden und eine direkte Erreichbarkeit der aufkommensstarken Stationen Marienplatz und Ostbahnhof nicht möglich wäre,
  • das bereits durch die U-Bahn sehr gut erschlossene Stadtgebiet um die Münchner Freiheit nochmals durch die S-Bahn bedient und somit eine unwirtschaftliche Parallelerschließung entstehen würde und
  • für die östlichen Linien weniger Angebotsverbesserungen als beim 2. S-Bahn-Tunnel möglich wären.

Mit dem Bau des Nordtunnels würden also für den S-Bahn-Verkehr im Vergleich mit dem 2. S-Bahn-Tunnel geringere Verkehrsverlagerungen und Reisezeitnutzen entstehen. Wegen der Anforderungen an die Infrastruktur (Fernverkehrstauglichkeit) läge der Nutzen eines "Nordtunnel light" unterhalb der hiermit verbundenen Kosten. Die Voraussetzungen für eine (Mit-) Finanzierung durch den Bund wären somit nicht gegeben.

Teilweise wird gefordert, nur die Außenäste auszubauen, um dort einen 10-Minuten-Takt einführen zu können. Diese Forderung ist aber zu kurz gedacht. Denn bereits heute können Verstärkerzüge der S1 und S4 auf Grund des Kapazitätsengpasses nicht durch die Stammstrecke fahren, sondern müssen am Hauptbahnhof (oben) enden bzw. werden hinter Pasing über die Sendlinger Spange abgeleitet. Zuerst muss als Grundlage für sämtliche weiteren Ausbaumaßnahmen die Kapazität im Kernnetz der S-Bahn durch den 2. S-Bahn-Tunnel geschaffen werden. Anschließend – und erst dann – sind Ausbaumaßnahmen auf den Außenästen zur weiteren Verbesserung des Verkehrsangebotes (auch über das im Startkonzept unterstellte Verkehrsangebot hinaus) sinnvoll und möglich.

Der 2. S-Bahn-Tunnel ist für die Bedürfnisse der Nutzer die Beste Lösung. Denn für die Fahrgäste ist ein ÖPNV-System dann attraktiv, wenn es pünktlich und zuverlässig ist, wenn es eine gute Taktfrequenz mit häufigen Verbindungen hat und sie schnell ihr Ziel erreichen können. All diese Voraussetzungen werden durch den geplanten 2. S-Bahn-Tunnel erfüllt.
Nach langer Vorlaufzeit ist die Angelegenheit endlich entscheidungsreif. Es besteht kein Erkenntnisproblem mehr, sondern höchstens ein Entscheidungsproblem. Ohne die mutigen Entscheidungen vor den Olympischen Sommerspielen 1972 für den Stammstreckenbau (in Planung war auch eine Unterpflastertrambahn) wäre der heutige Erfolg des MVV-Systems nicht vorstellbar. Nun steht im Vorgriff auf mögliche Olympische Winterspiele wieder eine Grundsatzentscheidung an – bei schnellen Entscheidungen wären erste Erfolge bis 2018 noch realisierbar. Ein Endspurt ist auch wegen der immer knapper werdender finanziellen Ressourcen notwendig.

Schließlich darf nicht vergessen werden: Der 2. Tunnel ist eine Investitionsmaßnahme mit einem Planungshorizont für die nächsten 50 Jahre. Nach der Basisentscheidung für den 2. S-Bahn-Tunnel könnte künftig das Gesamtsystem sukzessive weiter ausgebaut werden.

MVV-Geschäftsführer Alexander Freitag: „Die Entscheidung für den 2. S-Bahn-Tunnel muss jetzt getroffen werden. Die Gutachten haben gezeigt, dass sowohl der Südring und auch der Nordtunnel keine Alternativen zum 2. S-Bahn-Tunnel für den dringend erforderlichen Ausbau des Münchner S-Bahn-Systems sind. Nur der 2. S-Bahn-Tunnel zusammen mit dem Ausbau der S8 ermöglicht, jetzt sowohl das S-Bahn-System nachhaltig zu stärken als auch die regionale und überregionale Flughafenanbindung langfristig zu verbessern.“